
Ein
kurzer Zwischenstop auf der Reise, der ganz sicher interessanter
ausgefallen wäre, wenn es denn unseren Guide interessiert hätte. In der
Tat befinden wir uns hier nicht nur an der engsten Stelle des Nils,
sondern vor allem an dem Ort, der das Baumaterial für all die großen
Tempel links und rechts des Nils lieferte: die Sandsteinbrüche von Gebel
el-Silsila, die gelegentlich auch Gibel es-Silsila oder noch anders
geschrieben werden. Hier wurde der edle Sandstein ausgebrochen und zu
allen Baustellen des Reiches verschifft: nach Karnak, Luxor und den
Millionenjahrstempeln auf dem Westufer von Theben. Übrigens ist die Verschiffung ein logistisches Rätsel: von einer Darstellung in Deir el-Bahari
wissen wir zwar, wie Obelisken mit einer ganzen Flotte von Schiffen
bewegt wurden, aber schon damals hatte Ägypten kein Bauholz. Wo kamen
diese unglaublichen Holzmengen her, die man braucht, um hunderte Tonnen
schwerer Güter zu transportieren? Möglicherweise kamen sie aus den
Nachbarstaaten und wurden über das Nildelta hochgeflößt. Aber eine klare
Aussage dazu habe ich bisher noch nirgends gefunden, vielleicht ist
diese an sich wichtige Frage ja wirklich unbekannt. Wie so vieles aus
dem wohlbekannten Ägypten. Aber ziemlich sicher scheint zu sein, dass
die Schiffe, wenn sie dann auf ihre Ladung warteten, direkt am Sandstein
vertäut wurden. Die Vorrichtungen dazu sind noch gut erhalten.

Was hier deutlich weniger wichtig, aber bildlicher zu zeigen ist, ist eine kleine Kapelle, ein sogenannter Speos, von Haremhab, von dem sonst ja nicht besonders viel geblieben ist. Ein provisorisches Schild vor Ort erklärt:
"(Horemhab)
befahl die Einrichtung dieser Kapelle, die Amun geweiht war und
verschiedenen anderen Göttern und Göttinnen, die mit dem Nil zu tun
hatten, wie dem Krokodilgott Sobek, Chnum, dem Gott des 1. Katarakts, Satet, der Göttin von Elephantine, Anuket, der Göttin der Insel Sehel, Hapi in Gestalt eines Flusspferdes und verschiedenen anderen Göttern. Später vervollständigten andere Könige wie Ramses II., Merenptah, Amenmesse, Siptah und Ramses III.
die Dekoration. Die wichtigste Dekortion ist ein Relief des Horemhab,
der auf einer Feierlichkeit in einer Sänfte getragen wird, andere
Darstellungen listen die Sedfeste Ramses II. auf, die von seinem
ältesten Sohn Chaemwaset geleitet wurden."

Eine Tafel, die interessanterweise zwei Könige zeigt. Von links nach rechts sieht man Chnum, Re-Harachte, Amun, Mut
und Haremhab. Die Person ganz rechts ist auch mit einer Königskartusche
beschriftet, leider ist mir das erst zu Hause aufgefallen. Deshalb habe
ich die Kartusche nicht näher fotografiert und kann sie auf diesem Foto
hier nicht entziffern. Man könnte hier den Vorgänger oder Nachfolger
erwarten, aber Eje II.,
sein Vorgänger, war nicht mit Haremhab verwandt und möglicherweise
waren die beiden Männer auch keineswegs befreundet. Einen Sohn hatte
Haremhab nicht. Sollte es sich vielleicht um eine Darstellung von Ramses I.
handeln? Dieser war ein König mit nur sehr kurzer Regierungszeit, der
vielleicht nur erwählt wurde, damit sein fähiger Sohn nach wirrenreicher
Zeit schwacher Könige wieder als regulärer Thronerbe Sethos I. übernehmen konnte. Vielleicht ist es aber auch Haremhabs Ziehsohn Tutanchamun, ohne dessen frühen Tod er sicher nie selbst König geworden wäre.

Am
Weg zwischen der Horemhab-Kapelle und den Steinbrüchen finden sich noch
verschiedene kleine, eher einfach ausgeführte Felstempel, von denen
unser Führer sagte, sie wären von den Arbeitern privat für ihre Andacht
errichtet worden. Ich habe diese Information bisher nirgends sonst
gefunden, deshalb gebe ich sie mit einem Fragezeichen wieder. Aber
besonders königlich wirken sie sicher nicht.

Nach ungefähr einer halben Stunde kann man dann den Uferweg
zurückgehen zum Schiff und vielleicht noch ein paar Vögel beobachten.
Und wenn man einen Internetanschluss über Funk dabei hat, kann man sich
danach bei Wikipedia ansehen, was man gesehen haben könnte, wäre kein Führer dabei gewesen.
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